KI-Hype: „Europa derzeit nur Zulieferer“
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Chinas DeepSeek setzte zuletzt die US-Tech-Werte unter Druck, aber grundsätzlich ist Konkurrenz ja gut für solch einen Markt. Wie beurteilen Sie das derzeitige Anlegerverhalten? –
Richard Buschbeck: Die heftigen negativen Reaktionen auf DeepSeek waren aus unserer Sicht etwas übertrieben, zeigen aber deutlich die Nervosität des Marktes, wenn das Narrativ rund um KI und die dazugehörigen Investitionen infrage gestellt werden. Die Leistung von DeepSeek mit ihrem R1-Modell ist durchaus beeindruckend: Sie haben ein Modell entwickelt, das in Sachen Leistungsfähigkeit mit den Top-Modellen US-amerikanischer Firmen von vor einigen Monaten mithalten kann. Dabei kommt es mit deutlich weniger Rechenleistung aus und ist somit kostengünstiger im Training und in der Ausführung.
Waren Sie überrascht vom Auftreten von DeepSeek? – Diese Entwicklung ist keine große Überraschung, da aufgrund algorithmischer Fortschritte definitiv zu erwarten ist, dass die Performance pro investierter Rechenleistung – quasi das Preis-Leistungs-Verhältnis – von KI jährlich signifikant besser wird. Für US-fokussierte Investoren war es vielleicht etwas überraschend, dass die Innovation diesmal von einem relativ unbekannten chinesischen Unternehmen – scheinbar aus dem Nichts – kam und dann auch noch als Open-Source-Projekt viele proprietäre Lösungen und Investitionen der US-Giganten auf einen Schlag infrage stellt.
Was bedeutet die Entwicklung für die Anlagestrategie in AI? – Für uns ändert sich durch die plötzlich aufgeflammte DeepSeek-Diskussion wenig – ehrlich gesagt war DeepSeek für uns schon seit Längerem ein Begriff, da wir deren Chatbot intern bereits seit einigen Monaten kannten und nutzten. Wenn überhaupt, hat uns DeepSeek noch einmal vor Augen geführt, wie dynamisch die Entwicklung im Bereich KI aktuell ist und welche Fortschritte dort auch in Zukunft zu erwarten sind. Wir gehen daher davon aus, dass KI weiterhin massiv wachsen und zu Innovationen in praktisch allen Industrien beitragen wird. Auch die Investitionen in die nötige Infrastruktur für KI (Datencenter, Chips, elektrische Komponenten, Kühlung etc.) werden weitergehen und über die nächsten Jahre sogar noch wachsen. Die immer bessere Effizienz und sinkenden Kosten von KI-Modellen werden aus unserer Sicht nicht dazu führen, dass am Ende weniger Rechenleistung beziehungsweise Datencenter-Kapazität benötigt wird. Im Gegenteil: Die wirtschaftlich sinnvolle Nutzung wird in so vielen Anwendungsfällen möglich sein, dass der Bedarf insgesamt weiter steigt.

Wie spiegelt sich dies in den Investments von TEQ-Capital wider? – KI ist und bleibt für all unsere TEQ-Fonds eines der Technologiefelder, in das wir investieren. Wir fokussieren uns dabei aber auf Nebenwerte, das heißt nicht Nvidia, Microsoft, Google & Co., sondern auf kleinere, vielleicht etwas unbekanntere Spieler, die im selben Maße oder teilweise sogar noch stärker von dieser Entwicklung profitieren können.
Welche Unternehmen aus Europa können da mitmischen? – In Europa gibt es zwar Firmen wie Mistral aus Frankreich oder Aleph Alpha aus Deutschland, die an KI-Modellen arbeiten. Allerdings liegt Europa aus unserer Sicht in der KI-Entwicklung deutlich hinter den USA und China zurück. Europas Stärke liegt vor allem bei Zulieferern in der Halbleiter-Wertschöpfungskette – etwa mit Arm aus Großbritannien oder ASML und Besi aus den Niederlanden. Zudem werden europäische Unternehmen, die KI in ihre Produkte oder Prozesse integrieren – wie SAP aus Deutschland, Adyen aus den Niederlanden oder Klarna aus Schweden – von sinkenden KI-Modellkosten profitieren.
Kann Europa bei der KI-Entwicklung künftig eine Rolle spielen? – Die Führungsposition in der KI-Entwicklung und den damit verbundenen Bereichen wie der KI-Chipentwicklung liegt eindeutig bei den USA. China folgt als zweite Kraft und hat mit DeepSeek erneut sein Innovationspotenzial bewiesen, wird aber derzeit noch durch Exportsanktionen für US-Chips und Software gebremst. Für Europa wird es in absehbarer Zeit sehr schwer sein, diesen Rückstand trotz einfacherem Zugang zu US-Technologie aufzuholen.

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