Magazin

Politikumfrage: Wie Altersarmut bekämpfen?

Vielen Menschen reicht das Einkommen im Alter nicht zum Leben. Besonders betroffen sind Frauen, denen vielfach Versicherungsjahre fehlen. Was sind die Lösungswege, und welche Rolle kann eine Ausweitung der betrieblichen Vorsorge spielen?

Veröffentlicht

24.10.2025

Lesezeit

5 min
Teilen auf
Wie halten es die Parteien mit Strategien gegen Altersarmut.
ÖVP
Lukas Brandweiner: Nationalratsabgeordneter

17 Prozent der Menschen ab 65 Jahren sind laut der Diakonie von Einkommensarmut betroffen. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht am wirksamsten dagegen? – Unser Ziel ist klare finanzielle Sicherheit im Alter. Wer ein langes Arbeitsleben hinter sich hat, soll in Würde alt werden können. Wichtigster Schutz vor Altersarmut ist eine Vollzeitbeschäftigung bis zum Regelpensionsalter. Gleichzeitig braucht es Solidarität für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen früher ausscheiden müssen. Für fitte Pensionistinnen und Pensionisten schaffen wir Anreize zum Weiterarbeiten, etwa durch eine Flat Tax von 25 Prozent auf Zuverdienst über das gesetzliche Pensionsalter hinaus.

Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen zu verringern? – Vollzeitarbeit ist hier der Schlüssel. Dafür braucht es gute Rahmenbedingungen: Flächendeckende Kinderbetreuung und ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr erleichtern beiden Elternteilen Vollzeitjobs. Teilzeit soll nur bewusst und befristet für Kinderbetreuung, Pflege oder Aus- und Weiterbildung genutzt werden. Zusätzlich verringert die seit 2024 laufende Angleichung des Frauenpensionsalters die Pensionslücke nachhaltig.

Nur etwa ein Viertel der Erwerbstätigen profitiert von einer Pensionskassen-Vereinbarung. Sollten alle Beschäftigten Zugang dazu erhalten? Und soll die kapitalmarktorientierte dritte Säule attraktiver werden? – Die zweite und dritte Säule ergänzen das Pensionssystem, ersetzen aber nicht die staatliche erste Säule. Die Bundesregierung hat sich für die zweite und dritte Säule auf wichtige Maßnahmen verständigt wie einen Generalpensionskassenvertrag, mehr Transparenz bei Veranlagungen und flexible Entnahmeregeln. Zudem wird das Mandat der Alterssicherungskommission erweitert.

SPÖ
Josef Muchitsch: Sprecher für Arbeit, Soziales und Senioren

17 Prozent der Menschen ab 65 Jahren sind laut der Diakonie von Einkommensarmut betroffen. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht am wirksamsten dagegen? – Gut bezahlte, sichere und gesunde Arbeit ein Leben lang schützen gemeinsam mit unserem ausgezeichneten öffentlichen Pensionssystem vor Armut im Alter. Ergänzend dazu gilt: Vom Heizkostenzuschuss über Wohnbeihilfe, Sozialhilfe bis zur Ausgleichszulage für kleine Pensionen – all das hilft konkret. Aber zentral bleibt: Wir müssen gut bezahlte Arbeit und den Sozialstaat dauerhaft absichern. Wer sein Leben lang gearbeitet hat, darf im Alter nicht arm sein.

Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen zu verringern? – Frauen bekommen oft weniger Pension, weil sie in ihrem Leben weniger bezahlt gearbeitet haben – meist wegen der Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen. Auch wenn diese Leistungen für die Pension gut einbezogen und staatlich unterstützt werden, reicht das oft immer noch nicht. Wir brauchen – vor allem auf dem Land – bessere Kinderbetreuung und Pflegeangebote sowie faire Arbeitsbedingungen und gleiche Bezahlung für Frauen.

Nur etwa ein Viertel der Erwerbstätigen profitiert von einer Pensionskassen-Vereinbarung. Sollen alle Erwerbstätigen eine Zugangsmöglichkeit bekommen? Soll ferner die Attraktivität der kapitalmarktorientierten dritten Säule ausgebaut werden? Wie? – Der Ausbau betrieblicher oder privater Altersvorsorge darf nie zulasten der öffentlichen Pension gehen. Alle Beschäftigten sollen Zugang zur zweiten Säule – also zur betrieblichen Vorsorge – haben. Das ist Regierungsprogramm. Zur privaten Vorsorge: Banken und Versicherungen müssen faire und sichere Produkte anbieten. Dann wird es auch Vertrauen geben. Was wir nicht wollen, ist Druck oder Risiko – Altersvorsorge muss verlässlich sein.

Neos
Johannes Gasser: Sozialsprecher

17 Prozent der Menschen ab 65 Jahren sind laut der Diakonie von Einkommensarmut betroffen. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht am wirksamsten dagegen? – Vor allem Frauen, die lange in Karenz und danach nur in Teilzeit erwerbstätig waren, haben ein hohes Risiko für Altersarmut. Um dafür zu sorgen, dass Frauen später eine höhere Pension haben, müssen wir es ihnen ermöglichen, schon in jungen Jahren mehr Stunden zu arbeiten und höhere Beiträge zu leisten. Wird der Gender-Pay-Gap kleiner, verringert sich dadurch auch der Pension-Gap.

Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen zu verringern? – Das Ziel muss sein, die viel zu hohe Teilzeitquote bei Frauen zu verringern. Damit Frauen tatsächlich dieselben Karriere- und Verdienstmöglichkeiten offenstehen wie Männern, braucht es einen flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung. Die neu geschaffenen Betreuungsplätze müssen mit Vollzeitarbeit vereinbar sein. Außerdem brauchen wir Maßnahmen für eine gleichmäßigere Aufteilung der Betreuungspflichten, ein automatisches Pensionssplitting und steuerliche Anreize für Mehr- und Vollzeitarbeit. Wir müssen auch verstärkt auf Bewusstseinsbildung setzen, welche negative Folgen Teilzeitarbeit langfristig hat. Dass wir im Regierungsprogramm durchgesetzt haben, die Finanzbildung zu stärken, ist daher ein wichtiger Schritt.

Nur etwa ein Viertel der Erwerbstätigen profitiert von einer Pensionskassen-Vereinbarung. Sollen alle Erwerbstätigen eine Zugangsmöglichkeit bekommen? Soll ferner die Attraktivität der kapitalmarktorientierten dritten Säule ausgebaut werden? Wie? – Ja! Die Bundesregierung hat sich im Regierungsprogramm auf die Einführung eines Generalpensionskassenvertrags geeinigt. Die genaue Ausgestaltung ist allerdings noch Gegenstand von Verhandlungen. Neos sprechen sich zudem dafür aus, auch die kapitalmarktorientierte dritte Säule auszubauen.

FPÖ
Dagmar Belakowitsch: Sozialsprecherin

17 Prozent der Menschen ab 65 Jahren sind laut der Diakonie von Einkommensarmut betroffen. Welche sind aus Ihrer Sicht die wirksamsten Maßnahmen dagegen? – Wir treten entschieden gegen eine Anhebung des Pensionsantrittsalters und gegen Pensionskürzungen auf. Pensionskürzungen sind für uns tabu. Dass Pensionisten gezwungen sind, Pfandflaschen zu sammeln, um über die Runden zu kommen, darf in unserem Land nicht Realität werden. Einsparungspotenzial gibt es nämlich ausreichend: weniger Steuergeld für überbordende Bürokratie, für ungesteuerte Migration und für politische Prestigeprojekte der Regierung – damit wieder mehr Mittel bei jenen Menschen ankommen, die unser Land aufgebaut haben.

Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen zu verringern? – Unser Ansatz ist eine wirklich familienfreundliche Politik, die durch steuerliche Entlastungen für Familien, den Ausbau der Kinderbetreuung sowie eine gerechte Anrechnung von Kindererziehungszeiten und generell von Betreuungsarbeit in der Pension echte Wahlfreiheit ermöglicht.

Nur etwa ein Viertel der Erwerbstätigen profitiert von einer Pensionskassen-Vereinbarung. Sollen alle Erwerbstätigen eine Zugangsmöglichkeit bekommen? Soll ferner die Attraktivität der kapitalmarkorientierten dritten Säule ausgebaut werden? Wie? – Die staatliche Pension bleibt das zentrale Fundament unserer Altersvorsorge. Gleichzeitig sind wir aber offen für zusätzliche, freiwillige Vorsorgemodelle. Entscheidend ist, dass jede und jeder Zugang zu betrieblichen Pensionskassen haben soll, sofern dies vom Arbeitgeber angeboten wird. Die dritte Säule darf jedoch nicht einseitig vom Kapitalmarkt abhängig sein, denn Sicherheit muss stets Vorrang vor Spekulation haben. Steuerliche Anreize können die Attraktivität erhöhen, allerdings ohne jeglichen Zwang und bei voller Wahlfreiheit für die Menschen.

Grüne
Markus Koza: Sprecher für Arbeit, Soziales und Seniorinnen und Senioren

17 Prozent der Menschen ab 65 Jahren sind laut der Diakonie von Einkommensarmut betroffen. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht am wirksamsten dagegen? – Altersarmut lässt sich dauerhaft fast nur mit Änderungen in der Erwerbsphase verhindern. Weil das aber erst in 30 oder 40 Jahren wirken würde und auch aktuelle Altersarmut wirksam verhindert werden muss, braucht es andere Maßnahmen. Etwa die Ausweitung des Angebots von Sachleistungen für ältere Menschen. Es bedarf aber auch einer Anhebung der Ausgleichszulage über die Inflation. Bereits zehn Euro mehr im Monat machen bei der Ausgleichszulage einen effektiven Unterschied und kosten geringe 31 Millionen Euro im Jahr.

Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen zu verringern? – Der Pension-Gap muss im Erwerbsleben verhindert werden. Budgetmittel in den Pensionselementen könnten nicht relativ zur Pensionshöhe, sondern auf Köpfe aufgeteilt werden und nach einer Mindestaufenthaltsdauer eine Grundpension bilden. Diese Maßnahme würde Einkommensarmut im Alter und geschlechtsbezogene Diskriminierung ohne zusätzliche Kosten erheblich verringern. Auch Abhängigkeiten und damit oft einhergehende Gewalt in Beziehungen könnte damit vermindert werden.

Nur etwa ein Viertel der Erwerbstätigen profitiert von einer Pensionskassen-Vereinbarung. Sollen alle Erwerbstätigen eine Zugangsmöglichkeit bekommen? Soll ferner die Attraktivität der kapitalmarkt­orientierten dritten Säule ausgebaut werden? Wie? – Förderung und jeder Ausbau der zweiten und dritten Säule mit öffentlichen Geldern ist eine falsche Verteilung der Gelder. Diese Systemelemente schaffen weder Klarheit noch Sicherheit und erfüllen nicht die Aufgaben von Alterssicherungssystemen. Die Grünen treten dafür ein, jene öffentlichen Mittel, die bereits jetzt in diese Systeme fließen, zu verringern und zur Absicherung des gesetzlichen Pensionssystems zu verwenden.

Daniel Nutz

Autor

Daniel Nutz

Chefredaktion

Teilen auf