US-Expertin zu Fed-Zinssenkung: 50 Basispunkte vom Tisch
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Ob als mehr oder weniger erfolgreicher Friedensstifter oder als wütender Zoll-Donnergott: Die USA beschäftigen Europa mehr als den meisten lieb ist. Eine, die dabei guten Durchblick hat, ist Monika Rosen. Neuerdings schreibt die Börsen- und US-Expertin einen Blog auf dem Portal Newsflix (hier mehr dazu). Dort gibt es laufend Analysen und Insights mit Fokus auf die USA. „Fliegt Trump seine Wirtschaftspolitik um die Ohren“, fragte sie zuletzt. Wir wollen es ganz genau wissen und fragen nach.
Die aktuellen Budgetzahlen zeigen: Trotz Rekordeinnahmen bei den Zöllen stieg das US-Budgetdefizit um 20 Prozent. Was bedeutet das für Trumps Plan der Steuersenkungen, welche die Wirtschaft beflügeln sollen? - Monika Rosen: Für eine abschließende Beurteilung ist es meiner Meinung nach noch zu früh. Aber es ist schon fraglich, ob die Zolleinnahmen reichen werden, um den Anstieg im US-Budgetdefizit auszugleichen. Die Prognose wird durch die Tatsache erschwert, dass Präsident Trump die Zollraten immer wieder ändert. Und die Unternehmen haben sich schon im Vorfeld gewappnet. Sie haben soweit möglich ihre Lager aufgestockt, bzw. lassen noch importierte Waren in Zwischenlagern liegen in der Hoffnung, die Zölle könnten noch gesenkt werden. Wenn hier einmal ein (relativ) finales Bild entsteht, wird man sehen, wie viel die Zolleinnahmen tatsächlich zur Budgetentlastung beitragen können. Demgegenüber sind die Steuersenkungen schon verabschiedet, also von dieser Seite wird kaum Flexibilität kommen können.
…. und für die Anleihenmärkte? - Bis jetzt wird den Amerikanern ihr Budgetdefizit und Verschuldungsgrad nachgesehen, und ich sehe eigentlich derzeit keine Anzeichen, dass sich das so bald ändert. Allerdings versuchen die Märkte gerade, sich ein Urteil bezüglich des Zustands der US-Konjunktur zu machen. Die Arbeitsmarktdaten der letzten Monate haben deutlich enttäuscht, bzw. wurden massiv nach unten revidiert. Gleichzeitig kamen die Produzentenpreise im Juli viel höher herein als vorhergesagt, nämlich mit +0,9% im Monatsvergleich, vs. +0,2% erwartet. Das hat die US-Renditen zuletzt wieder leicht steigen lassen, der grundsätzliche Trend seit Jahresbeginn geht aber nach unten.
Fed-Chef Jerome Powell zeigte sich bisher als widerstandfähiger Gegner Trumps. Kann er zum Verhängnis des Präsidenten werden? - Nein, das glaube ich persönlich nicht. Powell ist Anwalt und in seiner Persönlichkeit in vieler Hinsicht das Gegenstück zu Trump. Ich denke, Powell will das Regelwerk, das ihn ins Amt gebracht hat und ihn auch dort hält, verteidigen. Und die Zeit arbeitet für ihn. Seine Amtszeit endet im Mai, insofern hat Trump hier immer weniger zu gewinnen.
Was könnte beim bevorstehenden Fed Meeting in Jackson Hole herauskommen? - Die Rede, die Powell in Jackson Hole am 22. August halten wird, gilt für viele als die wichtigste seiner Karriere. Einerseits steht er unter enormem politischen Druck die Zinsen zu senken. Die jüngsten US-Arbeitsmarktdaten würden das auch unterstützen. Andererseits kamen die Produzentenpreise zuletzt massiv über den Erwartungen herein. Damit ist eine Zinssenkung im September nicht mehr ganz die sichere Sache, die sie davor zu sein schien. 50 Basispunkte sind jedenfalls derzeit vom Tisch. Ein gewisses Dilemma besteht für die Fed also weiterhin, und es bleibt abzuwarten, ob und wie Powell dies in Jackson Hole auflösen kann.
Angesichts der Trump’schen Wirtschaftspolitik schüttelt die Mehrzahl der Ökonomen den Kopf. Aber wer steigt am Ende besser aus. Die US-Unternehmen oder doch der Rest der Welt? - Der Trend geht hin zu einer multipolaren Welt, und die aktuelle Zollpolitik von Trump befeuert das sicher auch. Dennoch darf man ein paar Zahlen nicht aus den Augen verlieren: Die USA haben 5 Prozent der Weltbevölkerung, aber 25 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und 70 Prozent der Marktkapitalisierung. Insofern ist ihre dominante Position, gerade in Punkto Kapitalmarkt, sicher nicht so schnell auszuhebeln. Und uns in Europa tut es gut, wenn wir mehr Eigenständigkeit und Resilienz entwickeln.
Die USA sind für Europa gerade auf dem Weg vom guten Freund zum besten Feind. Wie geht es Ihnen als Vize-Präsidentin der Österreichisch-Amerikanischen-Gesellschaft damit? - Wir in der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft haben als unser Motto „Building Bridges“. Ich denke, wir leben in einer Zeit, in der es mehr denn je nötig ist, Brücken zu bauen. Die USA stehen für Werte, an die ich persönlich sehr glaube. Und sie haben immer noch den wichtigsten Kapitalmarkt der Welt. Insofern bin ich dem Land sowohl fachlich als auch persönlich verbunden, und werde das auch immer sein.


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