Gastkommentar

Verheißungsvoll: Was deutsche Regierung plant

Beim Bilden einer Regierung waren die Deutschen diesmal schneller als die Österreicher. Die Christdemokraten und Christsozialen wollen es mit den Sozialdemokraten angehen, die Gremien müssen noch zustimmen. Unser Gastautor Carsten Puschmann hat für uns reingelesen und ganz subjektiv mit der Unternehmerbrille draufgeschaut. Wie würde er sich entscheiden?

Veröffentlicht

14.04.2025

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3 min
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Saskia Esken undMerz schüttekn Hände.
© Michael Kappeler / dpa / picturedesk.com
Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Bundesvorsitzender Friedrich Merz und Saskia Esken (rechts), SPD-Bundesvorsitzende, schütteln dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Markus Söder (links) und dem SPD-Fraktions- und Bundesvorsitzenden Lars Klingbeil nach einer Pressekonferenz der Parteivorsitzenden von Union und SPD zur Vorstellung des Koalitionsvertrages die Hände.

Ein Koalitionsvertrag ist im Wesentlichen zunächst nichts anderes als ein Letter of Intent. Alles, was ich hier bewerte, ist also nicht mehr als eine Absichtserklärung. Aber die liest sich in Teilen richtig gut für die Startup-Szene.

Was mir gefällt, ist, dass dieser Koalitionsvertrag wie ein ernstzunehmendes Arbeitspapier wirkt. Es fällt sofort auf, dass die einzelnen Maßnahmen teilweise sehr detailliert ausgearbeitet sind: Kein Pathos, sondern - abgesehen von ein paar "großen" Ausnahmen - konkrete Stellschrauben und geplante Verbesserungen. Die Leute, die hier über Startups nachgedacht haben, sind entweder Fachleute oder haben sehr gut zugehört.

Wirtschaft geht vor

Der Satz „Start-ups sind die Hidden Champions und Dax-Konzerne von morgen“ aus dem aktuellen Vertragswerk gefällt mir von der Tonalität sehr viel besser als der Tonfall des letzten Koalitionsvertrags der Ampel, in dem jede Frage noch sozial aufgeladen war. Für mich heißt die Botschaft: Wirtschaft geht vor, denn wir wissen, was wir als Gesellschaft an euch haben. Und tatsächlich stecken auch eine ganze Reihe sehr konkreter Punkte in dem Papier.

Endlich ein Digital-Ministerium?

Deutschland will ein Digital-Ministerium schaffen. Das ist eine alte Forderung von Branchenverbänden wie Bitkom. Ich sehe das trotzdem kritisch. Nur weil das Wort „Digital“ enthalten ist, halte ich das Konzept nicht automatisch für sinnvoll. Digitalisierung durchdringt alle Bereiche und muss meiner Meinung nach in jedem Ministerium berücksichtigt werden. Es stellt sich die Frage, welche „Durchgriffsrechte“ ein solches Ministerium überhaupt haben könnte. Viel mehr als eine Schnittstellenfunktion erwarte ich nicht. Ich bezweifle stark, ob es – auch im Hinblick auf den Bürokratieabbau – den Aufwand rechtfertigt, ein ganzes Ministerium zu schaffen, das dann dauerhaft bestehen bleibt. Ich befürchte außerdem, dass es zu Silodenken führt. Nach dem Prinzip: „Das ist Sache der Digitalisierungsabteilung, damit haben wir nichts zu tun.“ Meiner Meinung nach wäre es sinnvoller gewesen, eine Art „Chief Digital Officer“ im Kanzleramt zu etablieren. Entscheidend ist jedoch, dass das Thema Digitalisierung endlich fest in allen Köpfen verankert wird.

Der Deutschlandfond

Begeistert bin ich von der geplanten Einrichtung des Deutschlandfonds. Der Bund plant, Eigenmittel von mindestens zehn Milliarden Euro durch Garantien oder finanzielle Transaktionen bereitzustellen. Mithilfe von privatem Kapital und zusätzlichen Garantien soll das Volumen des Fonds auf mindestens 100 Milliarden Euro anwachsen. Ziel ist es, gezielt Finanzierungslücken im Wachstums- und Innovationskapital zu schließen, insbesondere für den Mittelstand und Scale-ups. Das ist sehr positiv, da es in Deutschland, insbesondere im Vergleich zu den USA, häufig an Wachstumskapital mangelt, obwohl wir in den frühen Phasen der Unternehmensgründung relativ gut aufgestellt sind. Und das ist wohl nicht der einzige Hebel, mit dem Startups und Gründungen mit mehr Geld versorgt werden sollen.

Generell zeigt sich, dass jemand aufmerksam zugehört hat: Dass auf Bundesebene die Wertgrenze bei Direktaufträgen für Liefer- und Dienstleistungen auf 50.000 Euro und für Start-ups mit innovativen Leistungen in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung auf 100.000 Euro erhöht werden soll, ist richtig wertvoll, da es sich um Aufträge handelt, die von Bundesvergabestellen ohne ein förmliches Vergabeverfahren vergeben werden können.

Was noch im Programm steht

· Wöchentliche statt tägliche Höchstarbeitszeit

· verbesserte Mitarbeiterkapitalbeteiligung

· verbesserter digitaler Datenaustausch

Nicht nur auf Startups und Gründungen gemünzt, werden weitere Maßnahmen für generell bessere Stimmung in der Wirtschaft sorgen. Es fehlt zwar aus meiner Sicht der ganz große Aufschlag. Aber mehr als ein Zeichen in Richtung Aufschwung ist es allemal. Und davon würde natürlich auch das Startup-Biotop profitieren:

· Abschaffung des Lieferkettensorgfaltgesetzes

· Vereinfachung des Vergaberechts

· Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren

· Turbo-Abschreibungen

· eine geplante Senkung der Körperschaftssteuer

Mein Fazit

Insgesamt überwiegen für mich die positiven Aspekte. Nun bleibt abzuwarten, wie die Umsetzung gelingt. Doch ganz ehrlich: Als Gründer fühlt man sich endlich einmal wirklich wahrgenommen. Genau das gibt mir Hoffnung. Jetzt gilt es, anzupacken. Diese Koalition hat eine Chance verdient. Macht was draus.

Carsten Puschmann

Autor

Carsten Puschmann

ist Seriengründer und Start-up-Investor. Er verbindet Family Offices und Startups und fokussiert dabei auf Wachstum und Innovation.

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