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Wie geht der Spagat zwischen Klimaschutz und Budgetdisziplin?

Zuckerbrot und Peitsche: So gelingt der Spagat zwischen robustem Klimaschutz und Budgetdisziplin in Österreich.

Veröffentlicht

20.12.2024

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2 min
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Schalter auf Zuckerbrot und Peitsche
© Thomas Reimer / dpa Picture Alliance / picturedesk.com

Österreich steht vor einer großen Herausforderung: Wie kann Klimaschutz bei gleichzeitig hohem Budgetdefizit vorangetrieben werden? In der Vergangenheit hat Österreich stärker als andere Länder auf die „süße“ Variante gesetzt: Subventionen, Förderprogramme und Steuererleichterungen für grüne Technologien. Diese Instrumente sind politisch attraktiv, weil sie Investitionen anregen, aber auch teuer. Da Klimaschutz aber keine Option für „gute Zeiten“ ist, sondern eine Frage der Zukunftsfähigkeit, muss Österreich bei knappen öffentlichen Kassen verstärkt auf negative Anreize wie Steuern, Verbote und Strafen setzen, um seinen klimapolitischen Ehrgeiz aufrechtzuerhalten. Es ist an der Zeit, vom Zuckerbrot-Nirwana eines primär anreizbasierten Klimaschutzes zu einem Ansatz überzugehen, der Zuckerbrot und Peitsche kombiniert, um die Transformation voranzutreiben, ohne das Budget weiter zu belasten.

1. Zuckerbrot und Peitsche kombinieren

Österreich braucht eine Kombination aus Belohnung und Bestrafung. Subventionen für grüne Technologien wie Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energien sind nach wie vor wichtig, um den Übergang zu nachhaltigen Lösungen zu beschleunigen. Ambitionierte Klimaziele ­können aber nicht allein mit Förderungen erreicht werden. Deshalb müssen parallel ausreichend hohe CO2-Steuern auf klimaschädliche Produkte und fossile Brennstoffe erhoben werden, um den Markt in eine nachhaltigere Richtung zu lenken. So wird finanzieller Anreiz für nachhaltiges Verhalten geschaffen, ohne den Haushalt unnötig zu belasten. Wenn Produkte teurer werden, wird das Verhalten von Unternehmen und Konsumenten nachhaltig verändert.

2. Konzentration auf effiziente Maßnahmen

Beispiele für besonders wirksame Maßnahmen sind Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudesektor: Durch steuerliche Anreize für energetische Sanierungen können Haushalte und Unternehmen dazu bewegt werden, ihre Gebäude zu sanieren und CO2-Emissionen zu reduzieren. Dies wirkt sich positiv auf das Klima sowie auf die Energiepreise und die langfristigen Haushaltskosten aus. Tempolimits sind effektive und kostengünstige Maßnahmen im Rahmen der Klimaschutzstrategie. Sie würden nicht nur zu einer raschen Reduktion der CO2-Emissionen im Verkehrssektor beitragen, sondern auch relativ geringe Umsetzungskosten verursachen, insbesondere im Vergleich zu anderen Maßnahmen. Nachhaltige Landwirtschaft: Investitionen in die Ausweitung von Waldflächen und die Förderung nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken sind langfristig besonders kostengünstig und tragen gleichzeitig zur Kohlenstoffbindung bei.

3. Angebot und Nachfrage

Ein Ansatz zur Kombination von angebots- und nachfrageseitigen Maßnahmen findet sich im Schweizer Gemeindefonds. Dieser fördert den Ausbau des umweltfreundlichen öffentlichen Verkehrs (ÖPNV) – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Kommunen parallel Maßnahmen zur Steigerung der Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsmitteln ergreifen wie durch den Abbau von Parkplätzen. Das stellt sicher, dass nicht nur das Angebot an nachhaltigen Verkehrslösungen erhöht wird, sondern gleichzeitig auch die Nachfrage nach diesen Lösungen steigt. Das lange Warten, bis teure Infrastruktur endlich genutzt wird, kann verkürzt werden. Ein ähnliches Modell könnte in Österreich für den Ausbau des ÖPNV und die Förderung von Elek­trobussen eingeführt werden.

4. Klimaschutz trotz knapper Kassen

Klimaschutz ist auch in Zeiten knapper Mittel möglich, er muss jedoch intelligenter, zielgerichteter und mutiger umgesetzt werden. Dafür braucht es Klima-Leadership. Klimaschutz darf kein Luxus sein, der nur bei ausreichendem Budget möglich ist. Weniger Klimaschutz wäre angesichts der drängenden ökologischen Herausforderungen fatal. Er ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit Österreichs.

Sigrid Stagl

Autor

Sigrid Stagl

Die Universitätsprofessorin gründete 2014 das Institut for Ecological Economics an der WU Wien. Zuvor forschte und lehrte die 56-Jährige an der University of Leeds und der University of Sussex.

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