Gastkommentar

Brezinschek: Schnelle Strukturreformen

Nach zweieinhalb Jahren schrumpfender Wirtschaftsleistung hat Österreich seit Jahresbeginn wieder ein minimales Wachstum erzielt. Auch wenn sich dies in den folgenden Quartalen ­fortsetzen sollte, gibt es für Jubelmeldungen keinen Anlass.

Veröffentlicht

11.07.2025

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Wie wird der Standort Österreich fit?

Die ausgeprägte Schwächephase hat kaum konjunkturelle, aber dafür umso mehr strukturelle Ursachen. Daher kann das Wachstumspflänzchen sehr schnell wieder verwelken, wenn unsere Regierung nicht bald langfristige Reformen auf den Weg bringt.

Ausgehend von den jüngsten Warnungen des Fiskalrats hat Österreich ein veritables Budgetproblem. Bis zum Ende der Legislaturperiode 2029 liegt das Defizit jeweils über vier Prozent des BIPs, und der Schuldenstand steigt auf über 90 Prozent des BIPs, ein neuer Rekordwert für das einst als sparsam geltende Österreich. Sowohl die Staatsausgaben mit 56 Prozent des BIPs als auch die Staatseinnahmen mit über 52 Prozent des BIPs sind für ein marktwirtschaftliches System unverhältnismäßig hoch. Mehr als die Hälfte aller erwirtschafteten Euro laufen über den Sektor Staat, was den individuellen Spielraum für Unternehmen und private Haushalte einschränkt. Daher ist eine primäre Reformagenda bei dem Punkt unbedingt notwendiger Staatsaufgaben anzusetzen, weil unsere Ordnungspolitik durch immer stärkeren Staatseinfluss charakterisiert ist. Dass sich dieser kontraproduktiv auf unsere privaten Investitions- und Konsumentscheidungen ausgewirkt hat, sollte nicht überraschen bei einer so dramatisch angestiegenen Steuerquote.

Kompetenzverteilung als Einsparungsfaktor

Wichtigstes Ausrufezeichen ist daher eine Reduktion des Staatssektors mit einer klaren Kompetenzverteilung zwischen den Gebietskörperschaften und Abbau der Mehrfachkompetenzen. Insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Pflege, Bildung, Förderungen und Soziales sind Mehrgleisigkeiten evident und raschest zu eliminieren. Eine Entflechtung und klare Zuständigkeit würde Milliarden an Einsparungen bringen, ohne dass Leistungskürzungen einsetzen müssten.

Die Übergabe der Kompetenz für Bauwesen und Bauordnung von Bundesländern zum Bund und eine drastische Verringerung der österreichweiten Bauvorschriften, die jeweils bis zu 1.200 Seiten umfassen, würde Bauvorhaben in Österreich kostengünstiger machen.

Dringlicher Kernpunkt wäre die Neugestaltung des Finanzausgleichs unter dem Prinzip der Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenkongruenz. Länder und Gemeinden müssen den Großteil ihrer Aufgaben/Ausgaben aus eigenen Einnahmen decken, siehe Schweizer Muster.

Die Nutzung der Digitalisierung bzw. Künstlichen Intelligenz zur Vereinfachung und deutlichen Reduktion des Personalstands im öffentlichen Dienst auf mittlere Sicht sowie der Erleichterung von öffentlichen Dienstleistungen für die Staatsbürger etwa im Gesundheitsbereich unter Modifikation der Datenschutzverordnung und Speicherung aller Untersuchungen auf E-Card würde das übermäßige Ausgabenwachstum stark zurückfahren.

Förderungen ersetzen

Die Förderung des Wirtschaftsstandorts Österreich durch den teilweisen Ersatz von Förderungen mittels angebotsorientierter Deregulierungsmaßnahmen kostet nichts, bringt aber viel. Dem neuen Denken in der EU folgend, ist auch in Österreich ein substanzieller Bürokratieabbau zur Kostenentlastung der Unternehmen, aber auch zur Verbilligung öffentlicher Investitionen dringend erforderlich, um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs auch ohne steuerliche Entlastung zu erreichen. Eine Reduzierung der Rechtswege, eine Einschränkung der Parteienstellung bei Infrastrukturprojekten, Wiedereinführung des bevorrechteten Eisenbahnbaus, Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und Auflagenbeschränkungen zur Kostensenkung und rascheren Umsetzung von Projekten. Teil 2 im nächsten Börsianer!

Peter Brezinschek

Autor

Peter Brezinschek

Ökonom, Kolumnist, Kommentator

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