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Interview

Fondsmanager: „Im KI-Bereich reden wir von ökonomischem Irrsinn“

Wolfgang Matejka, Chef von Matejka & Partner Asset Management, über die Gefahren, die die Übertreibungen bei Aktien des KI-Bereichs bewirken.

Veröffentlicht

19.11.2025

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Fondsmanager Wolfgang Matejka: "Es ist heikel, dass sich die Refinanzierung sehr großer Investitionen viel stärker in Richtung Privater verschoben hat."

Herr Matjeka, die Bank of England und die EZB warnen wegen der Entwicklungen im KI-Bereich vor nennenswerten Börsenverlusten. Zu Recht? - Wolfgang Matejka: In den USA sind die Aktienbewertungen wirklich arg. Es stellt sich die Frage, wann das Niveau erreicht ist, wo es genug ist. Der Zustand ist insgesamt irritierend. Es herrscht Unsicherheit, die in kein Investmentmodell eingebaut werden kann. Schon seit drei Jahren zeigt sich, dass das Investorenverhalten momentumgetrieben ist. Bei Veranlagungsentscheidungen wurde Intellektualität über Bord geworfen.

Wie lässt sich die Schieflage begründen? - Die ökonomische Logik ist ausgehebelt. Wenn man das KI-Thema zu Ende denkt, kann man von ökonomischem Irrsinn reden. In den USA beträgt die Abschreibungsdauer für IT-Investments normalerweise drei Jahre. Für Investments in KI wurde die Abschreibungsdauer auf 6,5 Jahre verlängert. Gleichzeitig werden Computer-Chips innerhalb eines kurzen Zeitraums von drei bis sechs Monaten immer besser. Die Errichtung einer Datenfarm hat einen Planungshorizont von rund zwei Jahren. Wer jetzt bei Nvidia die nötigen Chips für die Datenfarm bestellt, erhält bei der Inbetriebnahme veraltete Ware.

Bei Veranlagungsentscheidungen wurde Intellektualität über Bord geworfen.
Wolfgang Matejka

Wie stufen Sie einzelne KI-Konzerne ein? - Bei Palantir ist die Frage, ob jemals das bewertet werden kann, was im Aktienkurs abgebildet ist. Tesla ist im Keller. Amazon wird man nicht los. Und Google ist der Haifisch der Zukunft.

Wo sehen Sie die größte Gefahr? - Kritisch ist, dass die Wucht eines möglichen Rückschlags alle Investoren trifft. Besonders heikel ist aber, dass sich die Refinanzierung sehr großer Investitionen viel stärker in Richtung Privater verschoben hat. Das kann noch im laufenden Jahr problematisch werden. Dazu kommt, dass viele Hyperscaler in ihren Buchhaltungen kreative Lösungen anwenden. Beispielsweise weist Microsoft 65 Milliarden US-Dollar Investitionen in sogenannte „unproductive assets“ aus. Dabei handelt es sich um Investments in materielle oder immaterielle Vermögenswerte, die keine direkten Erträge generieren.

Abbild des KI-Hype. Der Aktienkurs des Chipherstellers Nvidia hat auf Drei-Jahres-Sicht um 1.353 Prozent angezogen.
Robert Winter

Autor

Robert Winter

Finanzjournalist

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