Hintergrundfarbe
Farbe
Neutral
Grün
Interview

Grüne Wirtschaft: Wo Milliarden gut investiert sind

Die Stimmung rund um Klimaschutz ist zuletzt gekippt, doch die Realität sieht anders aus: Die grüne Wirtschaft wächst rasant und bietet Unternehmen enorme Chancen. Eine neue Studie zeigt, dass der Markt bereits über 5 Billionen US-Dollar schwer ist – und bis 2030 auf mehr als 7 Billionen anwachsen könnte. Studien-Co-Autor Patrick Herhold gab uns folgendes Interview.

Veröffentlicht

05.12.2025

Lesezeit

2 min
Teilen auf
Patrick Herhold im Anzug
© BCG
Patrick Herhold ist Managing Director & Senior Partner bei Boston Consulting Group (BCG). Er gehört zu den Hauptautoren des Reports „Already a Multi-Trillion-Dollar Market: CEO Guide to Growth in the Green Economy“ und ist ein führender Experte für Klimastrategien und Unternehmenswachstum im Bereich der grünen Wirtschaft.

Trotz geopolitischer Spannungen, Energiekrisen und nachlassender öffentlicher Unterstützung bleibt die grüne Wirtschaft einer der dynamischsten Wachstumsmärkte weltweit. Laut der aktuellen Analyse des World Economic Forum und Boston Consulting Group (BCG) „Already a Multi-Trillion-Dollar Market“ übertrifft das Segment inzwischen 5 Billionen US-Dollar Jahreswert und wächst schneller als fast jede andere Branche – nur die Tech-Industrie legt stärker zu.

Herr Herhold, die Stimmung rund um Klimaschutz ist zuletzt gekippt. Bremsen wir uns in Europa gerade selbst aus? - Patrick Herhold: Nein, aber wir brauchen eine differenzierte Sicht. Auch jenseits des Regierungswechsels in den USA haben sich die Hoffnungen auf einige Business Cases – etwa für Low-Carbon Wasserstoff – nicht realisiert, und der Fokus hat sich von Nachhaltigkeit auf Energiesicherheit verschoben. Aber das Bild ist schlechter als die Realität: Viele Technologien sind heute schon wirtschaftlich.

 

Nicht alles ‚Grüne‘ blind als zukunftsfähig ansehen oder ausschließen. Man muss genau prüfen: Kostenentwicklung, Abhängigkeit von Regulierung, Marktdynamik.
Patrick Herhold

Welche Technologien rechnen sich bereits? – Wind, und zwar on- und offshore, Solar-PV, Batterien und Elektromobilität für PKW sind klar im Geld – zumeist ohne Subventionen. Wärmepumpen und Bioenergie liegen im Grenzbereich, abhängig insbesondere  von Gaspreisen.

Und wo fehlt der Business Case? - Grüner und blauer Wasserstoff sowie Carbon Capture & Storage sind fast überall nicht wirtschaftlich. Sie funktionieren nur mit hohen Zuschüssen oder Steuervergünstigungen.

Was kann die Politik tun, um Tempo zu machen? - Genehmigungsverfahren beschleunigen, CO₂-Preise erhöhen jedoch mit adäquatem Carbon Leakage Schutz, Forschungsförderung ausbauen und gezielte Subventionen setzen – ähnlich wie bei Wind und Solar in den 2000ern.

China dominiert Produktion und Innovation. Ist das nun gut oder schlecht für Europa? - Beides. China ist Treiber der globalen Energiewende, aber auch Wettbewerbsbedrohung. Fast 50Prozent aller weltweiten Investitionen in Solar und Wind sowie die Hälfte der Greentech-Patente kommen aus China. Das bringt die Energiewende voran, schafft aber auch Abhängigkeiten.

Ihre Studie sagt: Grüne Unternehmen finanzieren sich leichter. Warum? - Je höher der Anteil grüner Geschäftsmodelle, desto günstiger die Finanzierungskosten. Investoren sehen strategische Resilienz und geringeres Risiko. Zudem haben Banken und Fonds zumindest in Teilen noch eigene Green-Investment-Ziele.

Genehmigungsverfahren beschleunigen, CO₂-Preise erhöhen – jedoch mit adäquatem Carbon-Leakage-Schutz –, Forschungsförderung ausbauen und gezielte Subventionen setzen.
Patrick Herhold

Was wäre der größte Fehler, den Unternehmen jetzt machen könnten? -Alles „Grüne“ blind als zukunftsfähig oder ansehen oder ausschließen. Man muss genau prüfen: Kostenentwicklung, Abhängigkeit von Regulierung, Marktdynamik. 

Und die größte Chance? - Sich im Wachstumsmarkt zu positionieren. Wer zu lange an alten Geschäftsmodellen festhält, läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren.

Daniel Nutz

Autor

Daniel Nutz

Chefredaktion

Teilen auf