Interview

Immo-Kredite: „Die Banken betreiben Vogel-Strauß-Politik“

ÖRAG Immobilien-Vorstand Michael Buchmeier über Verwerfungen in der Immobilienbranche und die Auswirkungen auf den Bankensektor.

Veröffentlicht

14.10.2025

Lesezeit

2 min
Teilen auf
© ÖRAG
ÖRAG-Experte Michael Buchmeier: "Insgesamt entfallen mehr als 50 Prozent aller notleidenden Kredite auf den Immobilien- und Bausektor. Besonders betroffen sind Regionalbanken."

Herr Buchmeier, der Immobilienmarkt ist sehr angespannt. Wie reagieren die Banken darauf? Michael Buchmeier: Der österreichische Immobilienmarkt ist am Scheideweg. Der starke Zinsanstieg vor drei Jahren hat Bedrängnis gebracht. Aktuell ist der Transaktionsmarkt auf ein Drittel des früheren Niveaus gesunken. Unter den Banken wurde in den vergangenen beiden Jahren eine Vogel-Strauß-Politik betrieben. An den gesamten Insolvenzen ist der Anteil von Pleiten im Bau- und Immobilienbereich im Vorjahr und der ersten Hälfte 2025 stark gestiegen. Laut OeNB lag der Anteil notleidender Kredite an allen Non Performing Loans im Immobilienbereich früher bei 13 bis 15 Prozent. Jetzt sind es 35 Prozent. In der Bauwirtschaft lag der Satz früher bei rund zehn Prozent, nun sind es 16 Prozent. Insgesamt sind so mehr als 50 Prozent aller notleidenden Kredite aus dem Immobilien- und Bausektor. Besonders betroffen sind Regionalbanken. Das hat bei Raiffeisenbanken schon zu Zusammenschlüssen geführt. 

„Unsere neuen Kunden sind Masseverwalter und nicht mehr wie früher Bauträger.“
Michael Buchmeier
ÖRAG Immobilien

Ist man bei den Finanzierungen zu lasch vorgegangen? Ab dem Jahr 2008 war auf Grund der Nullzinspolitik der österreichische Immobilienmarkt für Investoren ein Schlaraffenland. Das Investmentgeschäft war überzogen. Und alle Beteiligten haben mitgespielt. Auch die Banken. Es wurden Finanzierungen gewährt, die es sonst nicht gab. Auf Grund des raschen Drehens der Immobilien haben die Banken an diesen Finanzierungen kaum eine Zinsmarge verdient, es wurde nur über Bearbeitungsgebühren ein Geschäft gemacht.

Was bedeutet das für ihr Geschäft? Der Immobilienmarkt ist schwierig und wird auch so bleiben. Bis Ende 2026 wird der aktuelle Marktzyklus andauern. Die Marktbereinigung wird weitergehen. Unsere neuen Kunden sind Masseverwalter und nicht mehr wie früher Bauträger.

Robert Winter

Autor

Robert Winter

Finanzjournalist

Teilen auf

Mehr zum Thema #Banken

News

Report: Neuordnung im Corporate und Investment Banking

Die Boston Consulting Group rechnet mit einem starken Einnahmenanstieg, Produktivitätsgewinne durch KI und einem veränderten Umsatz-Mix.
28.10.2025
Robert Winter
Report: Neuordnung im Corporate und Investment Banking
Salon

Börsianer Salon: Bankenwelt im Umbruch

Beim 32. Börsianer Salon diskutierten Expertinnen, ob klassische Banken im Wettbewerb mit Neobrokern bestehen können.
03.06.2025
Börsianer Redaktion
Börsianer Salon: Bankenwelt im Umbruch
Advertorial

Bewährte Lösungen für unsichere Zeiten

Seit über fünf Jahren befinden wir uns in einem neuen Bullenmarkt, der nach dem COVID-19-Crash im März 2020 begann. Angesichts der zahlreichen geopolitischen Krisen, der unberechenbaren US-Zollpolitik und der sehr hohen Bewertungen insbesondere im Bereich der Technologieaktien stellen sich immer mehr Anlegerinnen und Anleger die Frage, ob eine massive Kurskorrektur an den Aktienmärkten bevorsteht. Sollen sie ihre Kursgewinne realisieren und auf einen günstigen Wiedereinstiegszeitpunkt warten? Und wenn ja, wie lange? Was sollen Anlegerinnen und Anleger tun, die bis jetzt gar nicht in die Kapitalmärkte investiert haben und deren niedrig verzinste Ersparnisse aufgrund der hohen Inflation kontinuierlich entwertet werden? Wie steht es mit einem Investment in Gold? Lohnt es sich angesichts des enorm gestiegenen Goldpreises jetzt noch einzusteigen?
03.11.2025
Insider

Dominoeffekt bei Banken Rezession, mehr Risiko und drohende Insolvenzwelle

Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich hab schon genug von Rezession. Für die Regionalbanken in Österreich würde ein Anhalten der schrumpfenden Wirtschaftsleistung starke Auswirkungen haben, lese ich in der neue Regionalbankenstudie des ZEB.
25.11.2024
Börsianer Insider
Studie von ZEB zu Regionalbanken Aussicht 2025
Grün

Banken im Fokus der grünen Transformation

Am Weg zur Klimaneutralität 2050 in Europa sollen die Banken eine Schlüsselrolle spielen. Der EU Green Deal fordert verstärkt grüne Investitionen. Welche Herausforderungen und Chancen birgt diese Entwicklung?
24.05.2024
Daniel Nutz
Tree and stack of gold coins against sales graphic. 3D illustration