Nasdaq-Europachef: “Ich erwarte mehr Börsengänge in Europa”
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Adam Kostyal arbeitet jetzt fast ein Vierteljahrhundert für die Nasdaq in Europa und hat sowohl die Finanzkrise 2008 als auch die Corona-Zeit vor fünf Jahren miterlebt. Die Widerstandskraft der europäischen Aktien überrascht ihn nicht - sie seien “zu einem gewissen Grad unterbewertet.”
Herr Kostyal, derzeit sehen wir heftige Kursschwankungen an den Aktienmärkten. Was heißt das für die Börsengänge in Europa im laufenden Jahr? – Ja, das stimmt, die Volatilität in den Märkten hat stark zugenommen. Trotzdem ist die Grundstimmung weiterhin positiv. Vor allem die relativ niedrigen Zinsen und die erneute Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) stützen die Kurse. Ich erwarte deshalb in den nächsten Monaten mehr Initial Public Offerings (IPOs) in Europa.
Aber trotz der neuen Höchststände bei den Aktienkursen in den vergangenen Wochen bleibt die Zahl der Newcomer an der Börse überschaubar. – Viele Marktteilnehmer sind in der Tat enttäuscht darüber, dass es nicht mehr IPOs gibt. Es gibt keine Welle an Börsengängen, aber Schritt für Schritt werden wir mehr Debütanten sehen. Wichtiger ist aber, dass gute Unternehmen an die Börse kommen, die dann auch Kursgewinne verzeichnen können. Jetzt geht beispielsweise Röko an den Main Market in Stockholm, die Investmentgesellschaft beteiligt sich an profitablen Nischenunternehmen.
Alle Welt spricht von Künstlicher Intelligenz, befeuert KI auch die Nasdaq Europe? –Unternehmen, die ausschließlich auf KI setzen, sehen wir weniger. Eher geht es um die Anwendung von KI, da kommen mir Unternehmen wie Nokia oder Ericsson in den Sinn. Solche Anwender von KI werden verstärkt einen Zugang zu den Börsen suchen.

Europa braucht sehr viele Milliarden für Verteidigung und Infrastruktur. Können die Börsen da einen Beitrag leisten? – Natürlich, die Politik sollte jetzt auch den Fokus auf die Kapitalmarktunion richten und die regulatorischen Hindernisse – auch bei den IPOs – weiter abbauen. Wir brauchen eine Balance zwischen staatlicher Finanzierung und privatem Kapitalmarkt. Die europäischen Aktien sehen viele internationale Investoren als unterbewertet an, jetzt wäre also ein guter Zeitpunkt, weniger Bürokratie zu wagen.
Wie viele Börsengänge erwarten sie in diesem Jahr? – Im vergangenen Jahr hatten wir 23 Börsengänge und Erstnotierungen an der Nasdaq Stockholm, darunter die Immobiliengesellschaften Prisma Properties und Sveafastigheter sowie den Pharmahändler Apotea. Ich bin sehr optimistisch, dass wir im laufenden Jahr deutlich mehr Börsen-Newcomer sehen werden.
Wie kann man die Aktienkultur stärken? – Da gibt es viele Hebel: finanzielle Bildung in den Schulen, steuerliche Anreize und die stärkere Verbreitung von Sparplänen.

Autor
Deutschland-Korrespondent