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Interview

Private Equity: Exit-Stau und Investoren-Druck 

Laut aktueller EY-Analyse sank die Zahl der Private Equity-Transaktionen in Europa im Vergleich zum Vorjahr dramatisch. Wieso sich die Exits stauen und was das für Investoren bedeutet, haben wir bei EY-Experten Dieter Schalko nachgefragt.

Veröffentlicht

13.08.2025

Lesezeit

3 min
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Viele Autos stehen im Stau. Davor eine Tafel mit Schriftzug Exit.
© Börsianer / KI generiert
Im Stau: Knapp vier Fünftel der Private Equity-Fonds halten Beteiligungen länger als geplant.

Überblick zu den EY-Umfrageergebnissen

  • Transaktionen: Rückgang um 30 % im Vergleich zum Vorjahr 

  • Ländervergleich: Frankreich (-52 %), UK & Irland (-37 %), DACH stabil (-8 %) 

  • Exits: Nur 132 im Q1 – 25 % unter dem Fünfjahresdurchschnitt 

  • Exit-Stau: 78 % der Fonds halten Beteiligungen länger als geplant 

  • Branchenfokus: TMT (Tech, Media, Telco) bleibt mit 30 % Anteil führend 

Der europäische Private-Equity-Markt steht aktuell unter Druck: Laut einer aktuellen EY-Studie ist die Zahl der Transaktionen im ersten Quartal 2025 um rund 30 Prozent gesunken – besonders stark in Frankreich und Großbritannien. Während die DACH-Region vergleichsweise stabil bleibt, zeigt Österreich dank resilienter Sektoren wie Technologie und Gesundheitswesen eine robuste Entwicklung. Gleichzeitig verschärft sich der Exit-Stau: Drei Viertel der Fonds halten Beteiligungen länger als geplant! Was das für Investoren bedeutet und welche strategischen Optionen sich daraus ergeben, erklärt EY-Experte Dieter Schalko.

Die Zahl der Private Equity-Transaktionen in Europa ist im Vergleich zum Vorjahr um rund 30 Prozent gesunken.
Dieter Schalko

 Private Equity Fonds halten 78 Prozent ihre Beteiligungen länger als geplant. Ist dieser Exit-Stau eine Reaktion auf das anspruchsvolle wirtschaftliche Umfeld oder ein Hinweis darauf, dass Bewertungen in der Vergangenheit zu optimistisch waren?  - Dieter Schalko: Es gibt ein „Valuation Gap“, das aus unterschiedlichen Preiserwartungen zwischen Käufer und Verkäufer resultiert. Das geänderte Zinsniveau hat die Kapitalkosten erhöht, was Unternehmensbewertungen drückt. Je nach Akquisitionszeitpunkt war das Umfeld gegebenenfalls von mehr wirtschaftlicher und geopolitischer Sicherheit geprägt als heutzutage. Alles war planbarer: Business Pläne konnte man vielleicht besser untermauern, das Zinsniveau war eine Zeit lang niedriger, was sicherlich ein wesentlicher Einflussfaktor ist. Portfoliounternehmen sind historisch in der Erwartung einer anderen Entwicklung erworben worden und müssen nun mit einer angepassten Equity Story und Unternehmensplanung auf das geänderte Marktumfeld reagieren.  

Würden Sie von einer Blase sprechen? - So weit würde ich sicher nicht gehen. Die genannten Entwicklungen waren ja kaum vorhersehbar.  

Irgendwann muss sich der Exit-Stau lösen. - Der Druck seitens der limited Partner, also der Investoren, hinsichtlich der Erwartungen an Capital Returns der Fonds wächst – dies hat auch Auswirkungen auf Bewertungserwartungen der Verkäufer.   

Also weniger Rendite als erwartet? - Für die Investoren: ja. Für Unternehmen gilt: Auf eine bevorstehende Transaktion vorbereitet sein. Also: eine starke Vorbereitung der Equity Story mit Dokumenten, die diese untermauern und gezielte Vorbereitung des Managements sind da entscheidend.  

Angesichts historisch hoher Dry-Powder-Bestände und günstigerer Finanzierungen: Warum gelingt es dem Markt dennoch nicht, mehr Transaktionen zu realisieren? Ist das ein strukturelles Vertrauensproblem? - Die Antwort auf die letzte Frage ist ganz klar: Nein! Das Marktumfeld der Private Equity-Branche befindet sich in einem starken Wandel, was auch dazu führt, dass erfolgreiche Private Equity-Häuser anders agieren. Die geringere Verfügbarkeit von attraktiven Assets ist sicherlich eine größere Herausforderung gepaart mit einem fokussierten Ansatz von Investitionskriterien hinsichtlich der Branchen, in denen investiert wird und der Charakteristika von Unternehmen, in die investiert werden soll. Wenn man sich die Höhe der finanziellen Mittel anschaut, die Private Equity-Häusern zur Verfügung steht, um Investitionen zu tätigen und Unternehmen zu entwickeln, kann man schwerlich von einem Vertrauensproblem sprechen. Das geänderte Marktumfeld für Unternehmen und die Herausforderungen von Unternehmen bieten jedoch auch große Chancen für Private Equity-Anbieter, die mit ihrem Ansatz die Entwicklung von Zukunftstechnologien und bei der Umsetzung von transformativen Prozessen unterstützen können.

Der Exit-Stau verschärft sich: 78 Prozent der Fonds halten Assets länger als geplant.
Dieter Schalko

Wie erklären Sie den starken Rückgang der Private Equity-Transaktionen in Europa, insbesondere in Ländern wie Frankreich und Großbritannien? - Wie schon erwähnt, lässt sich dies vor allem durch wirtschaftliche Unsicherheiten wie Zölle und geopolitische Spannungen erklären, die Investoren vorsichtiger und selektiver agieren lassen. Zusätzlich führen Veränderungen in der Unternehmenslandschaft, wie weniger attraktive Zielunternehmen und Konkurrenz durch andere Anlageklassen, zu einer natürlichen Marktanpassung und einem Fokus auf spezifische Branchen statt Länder. 

In Österreich fällt der Rückgang bei Private Equity-Transaktionen vergleichsweise moderat aus. Gibt es einen Grund dafür? - Ich denke, das liegt an der mittelständischen Struktur unserer Wirtschaft. Wir haben gesehen, dass der PE-Markt derzeit von kleineren Transaktionen beziehungsweise Add-on-Transaktionen geprägt ist, und da gibt es in Österreich interessante Assets. Oft ist Österreich nicht der Markt für Mega Deals. Die Anzahl der Unternehmenstransaktionen mit österreichischer Beteiligung erscheint subjektiv grundsätzlich weniger volatil als im internationalen Vergleich.

Dieter Schalko im Porträt
© EY
Dieter Schalko ist Partner bei EY Österreich und arbeitet im Bereich Strategy and Transactions, mit einem besonderen Fokus auf Transaction Diligence. Ein Schwerpunkt liegt auf Private Equity.
Daniel Nutz

Autor

Daniel Nutz

Chefredaktion

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