Magazin

Wanted! Wie wird man CEO?

Es sind nur drei Buchstaben, die den Unterschied machen. Aber wie wird man CEO, CFO, COO oder Manager in einer anderen Funktion auf C-Level? Manchmal anders, als man denkt.

Veröffentlicht

31.07.2025

Lesezeit

5 min
Teilen auf
© KI generiert
"Kommt der oder die Beste zum Zug? Nein, das kann man sich abschminken. Schwache Leute bekommen Jobs, weil sie Beziehungen haben. Es ist eine Überhöhung von Menschen erkennbar, die sich als Stars inszenieren."

Eines hat Do-&-Co-Gründer Attila Dogudan vielen voraus: Der Manager werkt bereits seit dem Börsengang von Do & Co AG vor 27 Jahren als CEO seines Catering-Unternehmens. Dagegen mutet die Spitzenposition etwa bei der Lenzing AG oder der Semperit Holding AG eher wie ein Wanderpokal an, haben sich doch in den vergangenen Jahren mehrmals CEOs die Klinke in die Hand gegeben.

„There is no skill“

Aber wie kann man einen der begehrten C-Level-Jobs ergattern? Eines vorweg: Intelligenz und Fleiß schaden nicht. Diese Tugenden sind aber auch keine zwingenden Voraussetzungen für den Aufstieg in die mit einem Salär in Millionenhöhe dotierten Führungspositionen. Denn, so ein in der Schweiz tätiger Experte, der schon viele Top-Manager aus Österreich, Deutschland und der Schweiz gegrillt hat, haben Ausbildung und Befähigung eine wesentlich geringere Bedeutung, als man glauben mag. „‚There is no skill.‘ Extrem wichtig ist, dass neue Vorstände zur Kultur passen. Ein gutes Netzwerk ist entscheidend. Es taucht kaum jemand ‚out of the blue‘ auf. In den meisten Branchen kommen Kandidaten zum Zug, die bekannt sind", so der Insider weiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Viele der Bewerber sind einfach nicht zu gebrauchen.
Christian Hener
Managing Partner Österreich, EO Executives

Und der Kenner der Szene holt noch weiter aus: „Kommt der oder die Beste zum Zug? Nein, das kann man sich abschminken. Schwache Leute bekommen Jobs, weil sie Beziehungen haben. Und an die Entscheidung angelegte Parameter sind lange nicht so streng gefasst, wie man glaubt. Der Aufsichtsrat gibt die Richtung vor. Headhunter werden oft nur als Alibi herangezogen.“ Und manchmal geht sogar der ganze Recruiting-Prozess ins Leere. „Es kommt vor, dass Milliardenkonzerne aus der Schweiz oder aus Deutschland zwar drei passende Kandidaten gefunden haben. Aber am Ende wird gar nicht mehr genau hingeschaut. Einfach aus dem Bauch heraus erhält einer den Zuschlag“, wundert sich der international aktive Experte.

Königsmacher Aufsichtsrat

Dass sich die Rolle der Kontrollorgane tatsächlich verändert hat, bestätigen auch andere vom Börsianer befragten Consulter. „Aufsichtsräte werden bei der Suche nach Personal immer aktiver“, erklärt Christian Hener, Managing Partner Österreich bei EO Executives. Und ihr Rollenverständnis hat sich geändert, meint Judith Pertl, Consultant bei Egon Zehnder in Wien: „Der Aufsichtsrat fungiert immer öfter als Sparringspartner. Aufsichtsräte agieren nicht nur kontrollierend, sondern auch unterstützend.“ Dazu kommt aber, dass es speziell in Österreich sehr viele Verflechtungen gibt, weiß der anonyme Informant. Er meint: „Es gibt Jobkartelle. Aufsichtsräte tauschen sich unternehmensübergreifend aus. Man kennt sich, frei nach dem Motto ‚Ich bin in deinem Aufsichtsrat, du in meinem‘ werden viele Verflechtungen genutzt. Aber es ist ein Vorteil, dass in Aufsichtsräten viele Profis mit reicher Erfahrung sitzen.“

Auf einer Longlist finden sich zwischen 30 und 100 Personen. Auf der Shortlist sind es nur noch drei bis sechs.
Alexander Kail
Managing Partner, Stanton Chase Österreich

Nichtsdestoweniger haben sich bei den Anforderungen an Aspiranten für Jobs auf C-Level Veränderungen eingestellt. Recruitingexperte Hener: „Im Vorjahr hat es noch gereicht, wenn 80 Prozent der geforderten Kompetenzen erfüllt wurden. Jetzt werden 110 Prozent gefordert. Egal ob es um die Position als CEO, CFO und andere Top-Positionen geht – die gesuchten Manager müssen die Kohlen aus dem Feuer holen.“

Dem pflichtet Alexander Kail, Managing Partner bei Stanton Chase Österreich, bei. Kail: „Die Anforderungen werden präziser formuliert. Transformation ist von höchster Bedeutung. Resilienz und Internationalität sind wichtig. Im Kern geht es um eine Vi­sion. Führungskräfte müssen das Team an Bord bekommen und Prozesse anregen.“ Dass der Bogen bei den gefragten Fähigkeiten weit gespannt ist, bringt Egon-Zehnder-Consultant Pertl auf den Punkt: „Man muss in der Lage sein, die Strategie voranzutreiben, im Change-Management fit sein und Mitarbeiter-Skills erkennen. Dazu kommen persönliches Potenzial, ein kultureller Fit oder auch das Verständnis der eigenen Rolle.“ Und nicht zu vergessen auf Selbstreflexion. Pertl: „Es ist eine ständige Aufgabe, sich zu fragen, was man kann und was man nicht kann. Führungskräfte sollen inspirieren, Leute mitnehmen und Raum für Veränderungen schaffen. Bei spezifischen Themen wie der KI-Leadership ist dafür zu sorgen, dass das Team zwecks Effizienzsteigerung mitmacht.“

Kernig dreinblickende Herren

Stichwort Team: In vielen Fällen sind offenbar nicht die richtigen Führungskräfte am richtigen Ort. „Offen kommunizieren und in Konflikte eingreifen – das wollen und können nicht viele, obwohl es eigentlich trivial ist. Es steckt keine Magie dahinter“, erklärt der Spezialist aus der Schweiz. Darüber hinaus ist es häufig mit der richtigen Selbsteinschätzung nicht weit her. Der Insider führt aus: „Es ist eine Überhöhung von Menschen erkennbar, die sich als Stars inszenieren. Das sind oft kernig dreinblickende Herren. Man denke nur an die Manager, die als ‚Mann des Jahres‘ gefeiert wurden.“ Aber es geht auch besser. „Die Crux ist, Menschen zu finden, die über genügend Selbstbewusstsein verfügen, um Position zu beziehen, aber gleichzeitig auch bereit sind, ihre Position zu hinterfragen und im Diskurs mit anderen zur Diskussion zu stellen.“

Es ist eine ständige Aufgabe, sich zu fragen, was man kann und was man nicht kann. Führungskräfte sollen inspirieren, Leute mitnehmen und Raum für Veränderungen schaffen.
Judith Pertl
Consultant, Egon Zehnder

Aber wer kommt überhaupt für einen Top-Job infrage, und wo nehmen Headhunter geeignete Kandidaten her? Stanton-Chase-Experte Kail: „Wir reden mit unserem Netzwerk. Ein Drittel der Kandidaten kommt über Empfehlungen von Personen, die wir kennen. Die Branchenrecherche erfolgt national und international und ist in den meisten Fällen sehr spezifisch auf Transformationsthemen ausgerichtet. Es sind verstärkt auch Mitarbeiter aus anderen Branchen und Staaten gefragt.“

Bei der Suche können Personalbera­ter aus dem Vollen schöpfen. Bei Egon Zehnder wird neben der persönlichen Kontaktaufnahme mit potenziellen Kan­didaten mit Datenbanken ebenso gearbeitet wie mit allen Informationen, die über Internetkanäle öffentlich verfügbar sind. EO-Executives-Managing-Partner Hener: „Ich schätze die Direkt­ansprache am wichtigsten ein. Früher umfasste die Liste an Kandidaten 40 Personen, heute sind es bis zu 150 Bewerber.“ Dass sich darunter auch Hinz und Kunz finden, macht die Rekrutierung mühsam. Hener: „Viele der Bewerber sind einfach nicht zu gebrauchen.“ Dass beim Auswahlprozess ausgesiebt werden muss, streicht auch Stanton-Chase-Recruiter Kail hervor: „Auf einer Longlist finden sich zwischen 30 und 100 Personen. Auf der Shortlist sind es nur noch drei bis sechs.“

Beim Aufspüren geeigneten Personals gehen die Recruiter teils unterschiedliche Wege. Bei EO Executives spielen digitale Kanäle eine wichtige Rolle. „Wir haben die Präsenz über sieben bis acht Jahre hinweg aufgebaut und treffen damit 40.000 Führungskräfte“, erklärt Christian Hener. Skeptisch gegenüber einschlägigen Portalen ist dagegen Stanton-Chase-Recruiter Kail: „Plattformen wie Linkedin bringen nichts. Deutlich mehr Chancen bieten KI-Tools.“

Angetreten, um zu scheitern

Es stellt sich auch die Frage, woran Aspiranten für einen C-Level-Job in der Regel scheitern. „An Kommunikationsschwäche. Und auch daran, dass sich fast niemand auf geopolitische Rahmenbedingungen bezieht. Darüber hinaus hört man zum Thema Klima samt verantwortlichem Handeln und Reduktion des CO2-Ausstoßes fast nie etwas. In Hearings fehlen Kandidaten auch oft die Worte. Bei der Aufforderung ‚Bitte beantworten Sie meine Frage‘ herrscht bisweilen Schweigen im Walde. Wenn Antworten gegeben werden, sind diese oft nicht brauchbar. Überraschend ist auch der Mangel an Selbstvertrauen und Bestimmtheit. Wenn es um viel Geld geht, also bei großen Unternehmen, möchte ich natürlich jemanden haben, der oder die sagt: Hier geht’s lang“, resümiert der Brancheninsider. —

Robert Winter

Autor

Robert Winter

Finanzjournalist

Teilen auf