Waffen als zivilisatorischer Fortschritt?
Veröffentlicht
Lesezeit
%0A&w=1920&q=75)
Seit den Anfängen des ethischen Investments galten gewisse moralische Anker als gesetzt: Ausschluss von Drogen, Glücksspiel und eben Waffen. Dass europaweit bessere Bedingungen für die Rüstungsindustrie geschaffen werden müssen, mag angesichts der veränderten Weltlage nachvollziehbar erscheinen. Dass dafür aber ausgerechnet das Sustainable Finance Framework – also das Regelwerk für nachhaltiges Investment – herhalten soll, muss aber hinterfragt werden.
Friede durch Waffen?
Worum geht es? Im „Defence Readiness Omnibus“ betont die Kommission sinngemäß, dass die Verteidigungsindustrie dazu beiträgt, die europäischen Bürgerinnen und Bürger vor bewaffneten Angriffen zu schützen. So weit, so nachvollziehbar. Der Schluss, dass die Aufrüstung auf das 16. UN-Entwicklungsziel „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“ einzahlen soll, konterkariert jedoch auf perfide Weise, wie wir bislang auf das Thema Friedensschaffung blickten – und öffnet gefährliche Interpretationsräume. Etwa: nukleare Aufrüstung als Abschreckung zum vermeintlichen Friedenserhalt?

Dieser Gedanke soll nicht als Plädoyer für Pazifismus verstanden werden. Das Argument lautet vielmehr: Waffen dienten immer – neben der Angriffsfähigkeit – auch dem Zweck, sich zu verteidigen. Wieso sollen wir dies als Investoren nun moralisch anders bewerten? Es spricht auch nichts dagegen, in Waffen zu investieren – nur eben nicht als nachhaltige Investoren! Der Gedanke der Kommission scheint relativ klar: Durch den Omnibus sollen Investments in Rüstung auf Biegen und Brechen mit den Zielen des Green Deal vereinbaren.
Bröckelnder Ausschluss von Waffen
Die Frage ist: Wie verhalten sich Banken und Kapitalanlagegesellschaften? Schon jetzt erlauben die Paris-Aligned Benchmarks das Investment in bestimmte Waffenkategorien, die als nicht geächtet gelten. Dass Rüstung und ESG-Konformität nun in Einklang kommen könnten, würde privaten Investoren mehr Möglichkeiten bieten. Auf Anfrage von Börsianer schließen die beiden größten österreichischen Asset Manager – Erste Asset Management und Raiffeisen Capital Management – Rüstungsinvestments in ihren Nachhaltigkeitsfonds derzeit dezidiert aus. Große deutsche Investoren wie AGI oder DWS überarbeiteten zuletzt ihre Richtlinien, um Waffen für manche nachhaltige Fonds investierbar zu machen. Die gute Performance der Rüstungsbranche der letzten Jahre mag zum Umdenken beigetragen haben. Doch ist der Trend nachhaltig – im Sinne von dauerhaft?
Gegenüber dem Börsianer meint etwa Catriona Marshall, Head of Sustainable Investment bei Comgest: „Ich glaube nicht, dass man durch den Verzicht auf Investments in Waffen in Zukunft auf Renditen verzichten muss.“ Einer der größeren österreichischen Asset Manager erkennt derweil das Thema Rüstung als neuen Megatrend. Für die Welt bleibt zu hoffen, dass dem nicht so ist. Megatrends wirken bekanntlich viele Jahrzehnte und berühren alle gesellschaftlichen Entwicklungen.

Autor
Chefredaktion
Mehr zum Thema #ESG
ESG-Fonds: Die Europäer investieren wieder enkelfreundlich
%0A&w=3840&q=75)
ESMA: Leitlinien stärken Vertrauen
%0A&w=3840&q=75)
Die Billionenfrage: Wer finanziert Europas Zukunft?

1800 bis 2025: Von Pionierleistungen bis zum Mainstream des Green Investing
%0A&w=3840&q=75)
Stopp Greenwashing: Auswirkungen auf Österreich
%0A&w=3840&q=75)