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CEO: Unwetter sind die neue Normalität

Klimawandel trifft Österreich zunehmend direkt – mit Hagel, Starkregen und enormen Schäden. Ralph Müller, CEO der Wiener Städtischen, spricht im Interview über die Kostenwelle für Versicherer, warum ein Hochwasserschutz für alle nur gemeinsam mit dem Staat funktioniert – und wie sich Prämien verändern werden.

Veröffentlicht

24.04.2025

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2 min
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Müller Ralph
© Wiener Städtische
Ralph Müller ist seit über 25 Jahren im Versicherungsgeschäft tätig und seit 2018 CEO der Wiener Städtischen Versicherung.

Welche klimawandelbedingten Risiken sind aus Ihrer Sicht von größter Bedeutung?  - Ralph Müller: Die Unwetter werden in Österreich intensiver und oft kleinräumiger. Daran wird sich in Zukunft wenig ändern, da wissenschaftliche Modelle zeigen, dass der Temperaturanstieg im Kontinentalbereich stärker ausfällt. Die Konsequenz daraus: Hagelstürme und Starkwasserereignisse werden heftiger und die Schäden steigen. So zahlte die Wiener Städtische seit 2010 insgesamt rund 1,5 Milliarden Euro für Unwetterschäden aus. Alleine in den vergangenen fünf Jahren verzeichnete die Wiener Städtische ein jährliches Volumen von rund 155 Millionen Euro. Das ist im Vergleich zu 2010 bis 2019, als der Schnitt bei 70 Millionen Euro pro Jahr lag, mehr als eine Verdoppelung.

Wird angesichts des klimawandelbedingt veränderten Risikoumfelds an neuen Versicherungslösungen gearbeitet? - Grundsätzlich gibt es am Markt Versicherungslösungen für diverse Naturgefahren. In der Eigenheim- und Haushaltsversicherung ist die Absicherung bei Hagel- und Sturmereignissen bis zur vertraglich vereinbarten Versicherungssumme gewährleistet. Ein Sonderfall sind Hochwasserereignisse, hier gibt es aufgrund der möglichen zeitgleichen Betroffenheit vieler Versicherten in den Standard-Produkten nur einen limitierten Schutz von 5.000 bis 10.000 Euro. Durch eine Höherversicherung ist eine Absicherung bis 50.000 Euro. Möglich. In Kombination von Eigenheim- und Haushaltsversicherung sind es 100.000 Euro. Allerdings haben das erst rund ein Viertel der Österreicherinnen und Österreicher gewählt.

Die Versicherungswirtschaft hat den Vorschlag gemacht, im Privatbereich bei Immobilien die Deckungen zu verändern oder zu erhöhen und neue Risikoarten zu integrieren. Wie weit ist diese Idee gediehen? - Für einen umfassenderen Versicherungsschutz bei Hochwasser bräuchte es ein gemeinsames Modell mit der öffentlichen Hand. Die Initiative dazu müsste von der Politik kommen. Wir sind gern bereit, an einer Lösung mitzuarbeiten. 

Wie können sich die Prämien durch die Berücksichtigung bisher nicht berücksichtigter umweltbedingter Risiken verändern? - Aufgrund der steigenden Häufigkeit der Unwetter und des zunehmenden Schadensaufwandes wird es zu Anpassungen der Prämien kommen müssen. Die Anpassungen sind auch notwendig, weil sich dadurch auch die Versicherungssummen erhöhen und so eine Unterversicherung vermieden werden kann.

Vita

Ralph Müller ist seit 2018 Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherung AG und gehört dem Vorstand der Vienna Insurance Group (VIG) an. Der promovierte Jurist ist seit über 25 Jahren im Versicherungsgeschäft tätig und gilt als profunder Kenner der österreichischen Versicherungslandschaft – mit besonderem Fokus auf Risikomanagement und Zukunftssicherung im Kontext des Klimawandels.

Börsianer Redaktion

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